Die Wahrheit liegt immer im Auge des Betrachters
Stell dir folgende Situation vor: Du triffst unterwegs deinen Nachbarn, er wohnt gegenüber von deinem Haus. Er begrüßt dich schon von weitem. Er sieht sehr erholt aus und strahlt über das ganze Gesicht. Du fragst ihn warum er so gut drauf ist und er erzählt dir von einem Ort, unweit von eurem Wohnort. Er hat dort ein paar Tage seines Urlaubs verbracht, war viel spazieren und hat die Natur genossen. Du bist begeistert! Du möchtest auch gerne zu diesem Ort fahren um dort ein paar erholsame Tage zu verbringen. Du fragst ihn, wo genau dieser Ort ist. Er erklärt es dir ganz genau und betont immer wieder, es sei gar nicht weit von hier. Du freust dich über diese Information und malst dir schon im Geiste aus, dass du am Wochenende dorthin fahren wirst. Wenn es doch so nah an eurem Wohnort liegt ist es ja für einen Kurzurlaub perfekt geeignet.
Als du zuhause ankommst, checkst du Google Maps um dir die Route anzuschauen. Der Routenplaner zeigt dir eine Fahrtstrecke von 2 Stunden an und du denkst „Das ist aber ganz schön weit weg! Mein Nachbar hatte Unrecht!“. Würde eine neutrale Person euch dazu befragen, wie lange die Strecke sei, würde dein Nachbar sagen, sie sei kurz. Und du würdest sagen, sie sei lang.
Unser Verstand ist nicht dafür ausgestattet, zwischen Wahrheit und Unwahrheit zu unterscheiden. Unserem Verstand geht es nur darum, Recht zu haben und zu überleben. In richtig oder falsch zu kategorisieren. Jemand der genau das Gegenteil glaubt, könnte also auch recht haben.
Mit diesem einfachen Beispiel möchte ich dir zeigen, dass jeder Mensch seine eigene Wahrheit hat. Es ist die Wahrheit, die er mit seinen eigenen Augen sieht. Wir neigen dazu, Klarheit über die Dinge bekommen zu wollen, und bilden daher eine Meinung, ein Urteil. Diese Meinung definiert unser Thema, was es uns wiederum leichter macht, es zu kommunizieren und einen Standpunkt zu vertreten. Durch die Meinung die wir bilden, fangen wir an zu bewerten. Unser Verstand fällt dieses Urteil, um sich selbst recht geben zu können. Durch unsere Bewertung bauen wir eine Erwartungshaltung auf. Und wenn diese Erwartungshaltung von unserem Gegenüber nicht erfüllt wird, sind wir oft verletzt. Ein Kreislauf.
Das Gegenteil von dem was Du weißt ist ebenfalls wahr.
Es gibt heutzutage jede Menge Theorien darüber, was Richtig und was Falsch ist. Wir definieren was Gut und Böse ist. Doch auch wenn wir davon überzeugt sind, dass das was wir denken und empfinden, die Wahrheit ist, so ist es doch nur unsere alleinige Wahrheit. Wir ändern unsere Meinungen und Überzeugungen je nach Umstand, Ort und Zeit. Das Leben verläuft mit Hochs und Tiefs – das zeigt uns, dass wir lebendig sind. Wir haben Emotionen und Werte die uns leiten. Unsere Stimmung und unsere Gefühle prägen unsere Wahrnehmung und unser Denken. Und so verändert sich auch unsere Wahrnehmung mit allen Eindrücken die wir aufnehmen und allen Erfahrungen die wir täglich machen.
Es ist, wie es ist.
Schauen wir uns zunächst mal die Unwahrheit an. Unwahrheit ist eine Ansammlung von Gedankenschnipseln unseres Verstandes, die jederzeit veränderbar sind. Wenn wir uns wünschen, dass Dinge anders wären, dann ist das Unwahrheit. Wenn wir uns einen anderen Job wünschen, weil wir glauben dass wir dann glücklicher sind. Wenn wir uns eine andere Wohnung wünschen, weil wir glauben dass wir uns dann wohler fühlen würden. Wenn wir uns einen Partner wünschen, weil wir glauben dass wir nur zu zweit glücklich sein können. Das alles ist Unwahrheit. Die Wahrheit ist eine andere. Wichtig zu wissen ist, dass wir unsere Wahrheit selbst erkennen dürfen. Kein anderer wird es für uns tun.
Menschen, die behaupten die eine Wahrheit erfahren zu wollen, meinen dies nur zu einem kleinen Teil wirklich so. Der übrige Anteil will nicht die Wahrheit erfahren, sondern möchte lediglich in eigenen Glaubensüberzeugungen bestätigt werden. Der Verstand mag nicht begreifen, dass es keine absolute Wahrheit gibt. Sobald eine Wahrheit von einem Wesen wahrgenommen wird, ist sie bereits verzerrt. Die eigene Perspektive hat Einfluss genommen und diese Wahrheit geformt.
Du fragst dich, was das Ganze mit Achtsamkeit zu tun hat?
Wie wäre es, wenn du einmal versuchst eine Haltung anzunehmen, die frei von einem Anspruch an Wahrheit auskommt? Hierbei geht es nicht darum, deine Werturteile aus deinem Leben zu verbannen. Es geht darum, zu beobachten, sich ihrer bewusst zu machen und sie sein zu lassen. Höre aufmerksam zu, was dein Gegenüber dir mitteilt und beobachte achtsam, wie deine Gedanken dazu sind. Du bist nicht dein Verstand. Doch dein Verstand steht der Beobachtung zu Verfügung wenn du bereit bist, bewusst zu sein. Versuche anzunehmen, was da kommt. Versuche anzuerkennen, was da ist. Und versuche wertzuschätzen, was wertgeschätzt werden möchte. Das ist der Schlüssel zu Verständnis, Demut, Bescheidenheit, Geduld und Vergebung.
Komme in dein Herz, beginne zu fühlen. Sei mutig und vertraue, bekenne dich zu deiner eigenen Wahrheit und richte dich nach ihr aus. Denn so beginnst du, persönliche Verantwortung zu übernehmen. Übe dich in selbstoffenbarender Wahrheit, die einladend, direkt und offen ist. Sie ist nicht gegen irgendwas, überredet nicht, verletzt nicht und strebt nicht nach Beliebtheit. Gib die Suche nach „der“ Wahrheit auf, befreie dich davon mit anderen Menschen einer Meinung zu sein. Entspanne dich, und mache dir klar, dass alle Wahrheiten nur relative Wahrheiten, nur Perspektiven sind. Nutze den Austausch mit anderen Menschen und ihren Perspektiven als ein Spiegel, um zum next Level deiner eigenen Wahrheit zu gelangen. Diese hilft dir zu einem vollständigen, authentischen Ausdruck deiner Selbst zu werden. Erlaube dir Entwicklung, Leichtigkeit, Fühlen.
Eine kleine Übung für Dich
Nimm Dir einen Moment Zeit für Dich. Suche Dir einen ruhigen Platz, an dem Du für ein paar Minuten ungestört bist.
Wähle dann ein Thema aus, dass Dich gerade in Bezug auf die eigene Wahrheit beschäftigt oder bei dem Du merkst, dass Du immer wieder mit anderen Personen in Konfliktgespräche kommst.
Frage dich:
Was ist meine Wahrheit?
Meine eigene, ganz persönliche Wahrheit?
Ist das wirklich wahr, für mich?
Der Weg zur Wahrheit verläuft entlang radikaler Ehrlichkeit. Ehrlichkeit zu dir selbst.
Leg jetzt direkt los, um Deine persönliche Wahrheit herauszufinden
Probiere die Übung aus diesem Blogbeitrag für dich aus:
Schritt 1: nimm Dir jetzt einen Zettel und einen Stift
Schritt 2: notiere Dir für die kommende Woche, an welchem Tag du die Übung durchführen wirst. Vielleicht braucht es auch mehrere Ansätze, das ist ok.
Schritt 3: führe die Übung an den ausgewählten Tagen durch
Schritt 4: notiere abends deine Erkenntnisse
Schritt 5: schreib mir eine Nachricht auf Instagram, welches neue Gefühl du für Dich entwickelt hast und was dir sonst noch aufgefallen ist.